DMARCbis: alle Änderungen (und wie Sie sich vorbereiten)
Von CaptainDNS
Veröffentlicht am 29. Oktober 2025
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Stand 29. Oktober 2025. Das DMARCbis-Korpus ist nahezu fertig: Das Hauptdokument dmarcbis-41 und aggregate-reporting-32 befinden sich im RFC Editor Queue (MISSREF) und warten auf failure-reporting, das sich noch in der Finalisierung befindet. Bestehende DMARC-Records bleiben im Format
v=DMARC1.
TL;DR
- Policy-Discovery & Organisationsdomain: die Public Suffix List (PSL) weicht einem DNS-Tree Walk und dem neuen Marker
psd(y/n). - Neue Tags:
psd,np(Richtlinie für non-existent domains),t(testing, ersetzt das sinnvolle Musterpct=0). - Entfernte Tags:
pct,ri,rf. - Reporting: auf zwei normative Dokumente aufgeteilt (Aggregat- vs. Fehlermeldungen); URI-Längenlimit entfällt; jede aufgeführte URI MUSS einen Report erhalten.
- Interoperabilität: DMARCbis rät für allgemeine Messaging-Domains (Listen, Aliasse, Weiterleitungen) von
p=rejectab und empfiehltp=quarantine, solange die Authentifizierungskette nicht vollständig unter Kontrolle ist;p=rejectnur dort einsetzen, wo alle Zwischenstationen unter eigener Hoheit stehen. MTAs dürfen nicht allein wegenp=rejectabweisen. - Kompatibilität: vorhandene DMARC-Records funktionieren weiter; planen Sie die Umstellung auf die neuen Tags und Praktiken.
👉 Am Ende des Artikels fasst ein Glossar die wichtigsten Begriffe zusammen: Public Suffix Domain, Organizational Domain und DNS Tree Walk.
1) Zeitplan & Status
- 17. März 2025: Aggregate Reporting v**–32** → RFC Editor Queue (MISSREF).
- 4. April 2025: DMARCbis v**–41** → RFC Editor Queue (MISSREF).
- 9. Oktober 2025: Failure Reporting v**–17** startet die WG Last Call.
- Veröffentlichung 2025, sofern die offenen Referenzen abgearbeitet werden.
- Sofortige Auswirkung: keine Versionsänderung (
v=DMARC1); dennoch müssen Betreiber die neuen Algorithmen und Tags vorbereiten.
2) Policy-Discovery & Organizational Domain: der DNS Tree Walk
DMARCbis ersetzt die Abhängigkeit von der PSL durch einen Aufstieg im DNS-Baum, um
- die gültige Richtlinie zu finden (Policy Discovery), und
- die Organisationsdomain für das Alignment zu bestimmen.
Wesentliche Prinzipien:
- Zuerst
"_dmarc." + AuthorDomainabfragen. Falls nicht vorhanden, labelweise aufsteigen (maximal 8 Abfragen), bis eine Organizational Domain oder ein PSD gefunden wird. - Das Tag
psdsteuert die Interpretation:psd=n⇒ die veröffentlichende Domain ist eine Organisationsdomain.psd=y(weiter oben) ⇒ die Organisationsdomain liegt einen Label tiefer.
- Wird eine Richtlinie von einer übergeordneten Domain geerbt (Org oder PSD), gilt
spfür bestehende Subdomains undnp, wenn die Subdomain nicht existiert. - Wird nichts gefunden, greift DMARC für diese Nachricht nicht.
3) Tags: hinzugekommen, entfernt, unverändert
Neu
psd: kennzeichnet eine Domain als Public Suffix Domain (y/n) für den Tree Walk.np: Richtlinie für nicht existente Domains (Erfahrungen aus den PSD-Piloten).t: Testmodus (y/n) – ersetzt das nützlichepct=0-Muster (siehe unten).
Entfernt
pct: Teil-Rollouts wurden uneinheitlich umgesetzt; das binäre 0/100-Rollout erfolgt künftig übert.ri: Intervall für Aggregatberichte (wandert in das Dokument Aggregate Reporting und in Betreiberpraxis).rf: Format von Fehlermeldungen (präzisiert im Dokument Failure Reporting).
Unverändert (Beispiele)
v, p, sp, adkim, aspf, fo, rua, ruf, pct (entfällt – bitte ausrollen).
4) psd: Marker für Public Suffix Domains
Das Tag psd gibt an, ob die veröffentlichende Domain vom Tree-Walk-Algorithmus als Public Suffix Domain behandelt werden soll:
psd=y: die Domain gilt als PSD. Die veröffentlichte Richtlinie deckt das verwaltete Suffix ab, lässt aber registrierbare Domains darunter ihre eigene DMARC-Politik führen.psd=n: die Domain ist eine Organisationsdomain und Anker für die Policy-Discovery ihrer Subdomains.
Setzen Sie psd=y nur als Betreiber eines Suffixes (TLDs, Branchenregister, große Organisationen mit delegierten Subdomains). Andernfalls auf psd verzichten oder psd=n setzen, um eine „klassische“ sendende Zone zu kennzeichnen.
5) np: Richtlinie für nicht existente Domains
Das Tag np erweitert DMARC auf nicht existente Subdomains, die während des Tree Walks gefunden werden:
- Es greift nur, wenn für die betroffene Subdomain kein eigener
_dmarc-Record existiert (NXDOMAIN). - Zulässige Werte (
none,quarantine,reject) entsprechenp/sp. - Fehlt
np, wird der Wert vonp(bzw. vererbtessp) verwendet.
Veröffentlichen Sie np=reject auf Ihrer Organisationsdomain (oder PSD), um Spoofing auf „leeren“ Subdomains zu blockieren, ohne überall einzelne DMARC-Records anzulegen.
6) t = testing: der praktische Nachfolger von pct=0
Das Tag t=y deaktiviert das Reporting nicht, fordert aber eine mildere Durchsetzung der Richtlinie an:
p=reject+t=y⇒ Fehlschläge als quarantine behandeln.p=quarantine+t=y⇒ Fehlschläge als none behandeln.p=none⇒ unverändert.
Ziel: eine sichere Hochstufung ohne die Interoperabilitätsprobleme, die
pctverursachte.
7) Reporting: Aufteilung, Deliverability & Sicherheit
- Aufgespalten in zwei RFCs: Aggregatberichte (XML) und Fehlerberichte (pro Nachricht).
- URI-Längenlimit entfällt.
- Mehrere URIs in
rua/ruf: jede URI MUSS einen eigenen Report erhalten. - Externe Ziele (
rua/rufzu einer Fremddomain): das Autorisierungsverfahren bleibt unverändert (Records beim Report-Empfänger). - Datenschutz: Fehlerberichte vorsichtig aktivieren; die meisten Betreiber fokussieren weiterhin auf Aggregatberichte.
8) Interoperabilität & Richtlinien
- DMARCbis stellt klar, dass Betreiber für allgemeine Messaging-Domains (Mailinglisten, Aliasse, Weiterleitungen) kein
p=rejectpublizieren sollten; bevorzugen Siep=quarantine, bis die Authentifizierungskette Ende-zu-Ende unter Kontrolle ist, und behalten Siep=rejectnur dort, wo jede Station unter eigener Kontrolle steht. - Empfänger sollten nicht nur wegen einer veröffentlichten
p=reject-Richtlinie eine Nachricht ablehnen; sie müssen weitere Signale korrelieren (Listenverhalten, Header-Umschreibungen, ARC, Reputation etc.). - Um relaxed-alignment-Bypässe zu verhindern, DMARC-Records so nah wie möglich an den tatsächlichen Versanddomains veröffentlichen (und bei Bedarf
adkim=s/aspf=ssetzen).
9) Kompatibilität & Umstieg
v=DMARC1bleibt: vorhandene Records gelten weiter.- Abschaffen:
pct,ri,rf. - Einführen:
psdwo sinnvoll (PSOs / TLDs oder spezielle registrierbare Domains),npfür non-existent domains,tzur Steuerung des Rollouts.
Beispiel-Records
Organisationsrichtlinie + kontrollierte Hochstufung
_dmarc.example.com. 3600 IN TXT "v=DMARC1; p=quarantine; sp=reject; adkim=s; aspf=r;
rua=mailto:dmarc-reports@example.com; ruf=mailto:dmarc-fail@example.com; fo=1; t=y"
PSD-Markierung eines Suffix-Betreibers
_dmarc.bank.example. 3600 IN TXT "v=DMARC1; p=reject; psd=y; rua=mailto:psd-agg@pso.example"
Richtlinie für nicht existente Domains
_dmarc.example.net. 3600 IN TXT "v=DMARC1; p=quarantine; np=reject; rua=mailto:agg@example.net"
10) CaptainDNS-Playbook (Praxis-Checkliste)
- Inventur: reale Author Domains und aktive Subdomains erfassen; Zonen ohne DMARC identifizieren.
- DNS-Bäume: prüfen, wo der Tree Walk landet (welche Organisationsdomain greift?) und Records so nah wie möglich an den Sendern veröffentlichen.
- Richtlinien: mit
p=quarantine+t=ystarten; Aggregatberichte 2–4 Wochen monitoren; dannt=nsetzen und weiter verschärfen, wenn False Positives im Griff sind. - Alignment: zunächst auf
adkim=sabzielen (DKIM auf dem From);aspf=rbeibehalten, sofern kein striktes SPF nötig ist. - PSD /
np: wenn Sie eine Stamm- oder „Familien“-Domain betreiben,npnutzen, um non-existent domains zu blockieren;psdnur setzen, wenn Sie PSO/PSD sind. - Reporting: dedizierte
rua/ruf-Postfächer, Transportverschlüsselung; externe Autorisierungen prüfen, falls ein Dritter Reports empfängt. - Listen / Zwischenstationen:
From:-Umschreibungen einkalkulieren; ARC hilft, Reputation zu bewahren und unnötige Rejects zu vermeiden. - Aufräumen:
pct,ri,rfentfernen; Aggregatberichte beobachten, um Interoperabilitätsabweichungen zu erkennen.
11) FAQ
- Müssen wir
v=DMARC1aufv=DMARC2ändern? Nein – der Wert bleibtDMARC1. - Wird
pctnoch berücksichtigt? Es wurde aus dem Standard entfernt; manche Empfänger ignorieren es. Verwenden Sie stattdessent. - Ist die PSL endgültig weg? Für DMARCbis ja: die Discovery stützt sich nun auf den DNS Tree Walk.
- Kann ich überall
p=rejectsetzen? Nur, wenn Sie die Authentifizierungskette komplett kontrollieren; für allgemeine Kommunikation (Listen, Aliasse, Weiterleitungen) empfiehlt DMARCbisp=quarantine.
12) Glossar
- Public Suffix List (PSL): historisch von Mozilla gepflegte Liste öffentlicher Suffixe; DMARCbis ersetzt sie durch den DNS Tree Walk.
- Public Suffix Domain (PSD): Domainsuffix, das von einer Organisation betrieben und an Dritte delegiert wird (z. B. TLDs, Branchenregister) und eine DMARC-Richtlinie für das gesamte Suffix veröffentlichen kann.
- Public Suffix Operator (PSO): Betreiber eines öffentlichen Suffixes (PSD), der eine Referenz-DMARC-Richtlinie für angeschlossene Domains veröffentlichen kann.
- DNS Tree Walk: DMARCbis-Prozess, der den DNS-Baum Label für Label nach einem
_dmarc-Record durchläuft, ein PSD erkennt und bei Bedarf vererbte Richtlinien (p,sp,np) anwendet. - Organizational Domain: primäre Domain einer Organisation; wird per Tree Walk ermittelt und steuert die DMARC-Richtlinie für ausgerichtete Subdomains.
- Author Domain: Domain im sichtbaren
From:-Header; dient als Grundlage für DMARC-Alignment.
Illustrationen: eigens erstellte SVG-Grafiken für CaptainDNS.